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Kryoprotektion: Jeder Tag zählt – wenn der Kinderwunsch trotz Krebserkrankung noch in Erfüllung gehen soll

Eine Krebserkrankung und deren Behandlung kann beträchtliche Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit der Patienten haben. Diesem Umstand wird in der onkologischen Aufklärung und Behandlung noch immer zu wenig Beachtung geschenkt. Die diesbezügliche Beratung der Betroffenen ist jedoch wichtig, da sich durch die Weiterentwicklung der onkologischen Therapie die Heilungs – und Überlebenschancen in den letzten Jahren deutlich erhöht haben. Daher ist insbesondere bei jungen Krebspatienten zu erwarten, dass die Erfüllung ihres Kinderwunsches nach erfolgter Therapie in der weiteren Lebensplanung eine wichtige Rolle spielt und diese Patientengruppe ist daher auch besonders an fertilitätsprotektiven Maßnahmen interessiert.

Fruchtbarkeit bei Mann und Frau

Bei Männern ist über die gesamte Lebensspanne eine kontinuierliche Spermienproduktion vorhanden, da sich die Keimzellen des Mannes durch Zellteilung ständig erneuern können. Solange gesunde Keimzellen vorhanden sind, können neue Spermien produziert werden. Bei Frauen findet sich in den Eierstöcken ein „Pool“ von ca. 400.000 unreifen Eizellen, die sich – im Gegensatz zum Mann –  nicht durch Teilung vermehren können. Durch den monatlichen Eisprung eines reifen Eis verbraucht sich der Eizellpool bis zum Eintritt des Wechsels.

Kommt im Rahmen der onkologischen Therapie eine zytotoxische Therapie zum Einsatz, d.h. eine Chemo – oder Strahlentherapie, kann es zu einer dauerhaften Schädigung der Eizellen in den Eierstöcken bzw. der Keimzellen in den Hoden kommen. Die möglichen Schädigungen hängen vom Alter der Patienten und der Art, der Dosis und der Dauer der Chemo- und Strahlentherapie ab.

Durch die rasanten Fortschritte der Reproduktionsmedizin – vor allem in den Techniken der Kryokonservierung (i.e. die Lagerung von Samenzellen, Eizellen oder Embryonen in flüssigem Stickstoff) – stehen inzwischen verschieden Konzepte zur Fertilitätsprotektion vor Beginn einer Chemo – oder Strahlentherapie zur Verfügung.

Entscheidend ist sofort nach der Diagnosestellung der Krebserkrankung ein individualisiertes Therapiekonzept, wobei Zeit eine ganz entscheidende Rolle spielt: Die Maßnahmen müssen nämlich meistens in der kurzen Zeitspanne zwischen der Diagnose und dem Beginn der Chemo – oder Strahlentherapie stattfinden. Hier gehen oft wertvolle Tage und sogar Wochen verloren, bis die Patienten in ein Kinderwunschzentrum zugewiesen werden.

Folgende fertilitätsprotektive Maßnahmen zum Erhalt der Fruchtbarkeit stehen zur Verfügung:

Beim Mann:

Kryokonservierung von Samenzellen
Anlegen eines Samendepots nach Abgabe einer oder mehrerer Proben durch Masturbation

Kryokonservierung von Samenzellen aus dem Hodengewebe
Bei sehr schlechtem Samenbefund werden Gewebeproben direkt aus dem Hoden gewonnen

Bei der Frau:

Medikamente zum Schutz der Eierstöcke unter Chemotherapie
Durch GnRH – Analoga wird die FSH Wirkung auf die Ovarien gestoppt. Die auf diese Weise ruhiggestellten Ovarien sind damit weniger empfänglich für toxische Chemotherapien

Die operative Verlagerung der Eierstöcke
Vor der Bestrahlung des kleinen Beckens werden die Eierstöcke aus dem kleinen Becken hochgebunden, um deren Funktion trotz Strahlentherapie zu erhalten. Dabei werden einerseits die Erhaltung der Hormonproduktion und andererseits die Möglichkeit einer Schwangerschaft nach Abschluss der onkologischen Therapie angestrebt.

Kryokonservierung von Eierstockgewebe (Ovarian Tissue Banking“ – OTB)
Im Rahmen des OTB-Verfahrens wird vor der onkologischen Therapie mittels Bauchspiegelung ein Teil eines Eierstocks entfernt, verarbeitet und in einzelnen Portionen kryokonserviert.

Bei klinischer Vollremission und nach onkologischer Freigabe können mehrere dieser Eierstockteile aufgetaut und rücktransplantiert werden. Das OTB Verfahren ist dann angezeigt, wenn keine Verzögerung bis zum onkologischen Therapiebeginn vertretbar ist.

Kryokonservierung von Eizellen / Embryonen nach hormoneller Stimulation
Hier werden die Eierstöcke hormonell angeregt und nach ungefähr 10 bis 12 Tagen können durch eine ultraschallgezielte Punktion durch die Scheidenwand Eizellen aus den Eierstöcken entnommen werden. Sie werden dann unbefruchtet als Eizellen oder nach erfolgter Befruchtung als Embryonen tiefgefroren und können lebenslang gelagert werden. Der Beginn dieser Hormontherapie erfolgt meistens in Abstimmung mit dem Monatszyklus, mittlerweile bestehen aber neue Schemata die einen Beginn zu jedem Zeitpunkt des Monatszyklus erlauben. Das ist besonders wichtig, da somit nach 14 Tagen bereits der Start der Chemo- oder Strahlentherapie erfolgen kann. Auch bei Patientinnen mit Brustkrebs kann eine Hormontherapie durchgeführt werden, hier kommt u.a. ein Aromatasehemmer (Letrozol) zur Anwendung um die Hormonbelastung möglichst klein zu halten.

Das Frieren von Eizellen oder Embryonen bietet – durch neu entwickelte Verfahren in der Kryokonservierung (Vitrifikation) –  langfristig eine hohe Schwangerschaftsrate und hat daher einen wichtigen Stellenwert in der Kinderwunschbehandlung von Krebspatientinnen erlangt. Das ist mittlerweile die bevorzugte Methode wenn der Zeitverlust von ca. 14 Tagen bis zum Beginn der Chemotherapie für den Onkologen vertretbar ist.

Wie bereits erwähnt: Es ist ganz besonders wichtig, dass die Patienten möglichst frühzeitig über all diese Möglichkeiten Bescheid wissen, da das Zeitfenster für die Maßnahmen oft sehr klein ist – Hier zählt jeder Tag!

Österreichische IVF-Gesellschaft

Prim. Dr. Georg Freude
Präsident

Univ. Prof. Dr. Heinz Strohmer


Foto: © motorradcbr, fotolia.com

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